Hinweise zur Bewertung von Versuchen und Versuchsberichten

 

Diese Handreichung soll einerseits noch unerfahrenen Versuchsbetreuenden bei der Bewertung von Versuchen und Versuchsprotokollen (treffender: Versuchsberichten) behilflich sein als auch andererseits allen grundsätzliche Kriterien dafür geben, so dass (bei aller Unterschiedlichkeit der Versuche und ihres Anspruchs) eine relative Vereinheitlichung der Maßstäbe und damit eine Vergleichbarkeit möglich ist.

Obwohl vieles bereits in den Praktikumsskripten bzw. auf der Webseite des Grundpraktikums dargestellt ist und von mir bei den Einführungsveranstaltungen erläutert wird, entstehen doch immer wieder Fragen bei Studierenden und Betreuenden.

Nach meiner Erfahrung wird teilweise berechtigt durch die Studierenden kritisiert, dass die Bewertungen manchmal zu wenig transparent und nachvollziehbar seien sowie unterschiedliche Maßstäbe angelegt würden. In solchen Fällen nehme ich eine studentische Meinung bzw. Kritik sehr aufmerksam zur Kenntnis und verweise darauf, dies möglichst immer im direkten Gespräch vertrauensvoll mit den Versuchsbetreuenden zu klären: Als Praktikumsleiter kann ich in Konfliktfällen gern vermitteln; werde aber niemals etwa in dem Sinne eingreifen, dass ich Bewertungen verändere! Das ist aus meiner Sicht für unser gegenseitiges Vertrauensverhältnis elementar.

 

1. Bewertungskomponenten

Grundsätzlich müssten Studierende (sofern bei der Einführungsveranstaltung anwesend und aufmerksam) das folgende langjährig bewährte Punktbewertungsschema ebenso kennen wie die Versuchsbetreuenden selbst:

Erbrachte Leistung

Punkte

1.     Vortestat am Tag der Versuchsdurchführung zum Nachweis des Verständnisses sowohl der physikalischen Grundlagen zum Versuch als auch der Ziel- und Aufgabenstellung

4*

2.     Praktische Versuchsdurchführung (zielgerichtete Bearbeitung experimenteller Aufgaben, sachgerechte Handhabung der Messmittel, Beachtung/Umsetzung von Arbeitshinweisen und Regeln zur Sicherheit/Ordnung, Anlage und Vollständigkeit des Messdatenprotokolls)

4

3.     Zweckmäßige Gliederung, Übersichtlichkeit und äußere Form des Versuchsberichtes

1

4.     Ermittlung der Messergebnisse (soweit gefordert, auch mit grafischen Darstellungen) entsprechend den Normen

3

5.     Berechnung bzw. Abschätzung der Messunsicherheiten

3

6.     Übersichtliche und den Konventionen entsprechende Darstellung der Endergebnisse

1

7.     Kritische Einschätzung und Bewertung der erzielten Ergebnisse und des Versuches; Vergleich der Ergebnisse mit Referenzwerten (soweit möglich) unter Angabe der Quelle; eingehende Diskussion von Messabweichungen bzw. Messunsicherheiten (bezogen auf das konkrete Experiment) mit abgeleiteten Schlussfolgerungen

4

Summe

20**

Anmerkungen:
* Es müssen im Vortestat mindestens 2 Punkte (entspricht der Bewertung "genügend") erbracht werden. Eine ungenügende Leistung hat grundsätzlich den Ausschluss vom laufenden Versuch zur Folge, der dann erst in einem Folgesemester nachgeholt werden kann.

** Die erforderliche Mindestpunktzahl für jeden Versuch ist 10 (entspricht der Bewertung "genügend"). Bei ungenügender Leistung muss der Versuch in einem Folgesemester wiederholt werden. Ist ein vorgelegtes Versuchsprotokoll zwar formal insgesamt richtig, kann aber nur sehr wenig zu inhaltlichen Fragen (bezogen auf den Versuch, seine Auswertung und das Protokoll) erklärt werden, können bis zu 12 Punkte in der Gesamtwertung abgezogen werden (führt u. U. zur Bewertung "genügend" oder "ungenügend"). Eine verspätete Abgabe des Protokolls (im Regelfall immer zum Beginn des nächsten Versuchstages laut Kursplan) hat außer bei begründeten Fällen wie Erkrankung oder höhere Gewalt (ist grundsätzlich durch Vorlage des Krankenscheins o.ä. zu belegen) die Bewertung "ungenügend" für den Versuch zur Folge, der dann in einem Folgesemester zu wiederholen ist. Nachholtermine stehen grundsätzlich nur für begründete und entschuldbare Ausfälle zur Verfügung.

 

Dieses Schema enthält in stark reduzierter Form alle unbedingt notwendigen Kriterien der Leistungsbewertung. Das Problem besteht sehr häufig in der Auslegung bzw. Interpretation der einzelnen Beiträge, so dass eben dazu Erläuterungen nötig sind.

Für jeden Versuch müssen immer mehrere Komponenten in die Gesamtbewertung einfließen:

a) Intensität und Qualität der Versuchsvorbereitung (ggf. auch als „KO-Kriterium“ bei ungenügender Vorbereitung)

b) Qualität der unmittelbaren experimentell-praktische Tätigkeit (Handhabung des Versuchs und der Messgeräte, gewissenhafte und vollständige Führung des Messdatenprotokolls)

c) Intensität und Qualität der Auswertung der Versuchsdaten und der kritischen Auseinander­setzung mit den Messergebnissen und –methoden im Vergleich zu wissenschaftlich begründeten Erwartungen

d) Darstellung und Verteidigung von gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnissen

Damit sollen mündliche (Vortestat bzw. Vorgespräch, Abtestat), schriftliche (Versuchsbericht) als auch handwerklich-experimentelle (praktische Durchführung) Fähigkeiten bzw. Leistungen in ihrer Gesamtheit berücksichtigt werden.

 

2. Hinweise zum Vortestat und zur Beobachtung während der Versuchsdurchführung

In welcher Form und mit welchen Methoden Versuchsbetreuende das Vorgespräch bzw. Vortestat ausführen, muss ihnen selbst überlassen bleiben. Das kann vom klassischen Zweiertestatgespräch über kleine schriftliche Tests bis hin zu seminaristischen Formen reichen (eine anfängliche Unterweisung bzw. Einstimmung der Praktikumsgruppe ist ohnehin notwendig). Eine Bewertung sollte hier aber niemals auf der Beantwortung einer einzigen Frage zum Versuch fußen. Es macht auch wenig Sinn, „gebetsmühlenartig“ Formeln abzufragen (damit würden die „sturen Auswendiglerner“ nur belohnt); stattdessen sollten immer kluge Verständnisfragen im Vordergrund stehen, die kausal-analytisches Denken provozieren und fördern.

Während des Experimentierens sollten Studierende aufmerksam beobachtet werden (ohnehin erforderlich wegen der Aufsichtspflicht und ggf. notwendiger Hilfestellung), um ihre Tätigkeit richtig beurteilen zu können. Später in den Versuchsprotokollen auftretende „Klippen“ und Fehler lassen sich so oft schon vorab erkennen; ebenso wie eine unüberlegte Herangehensweise an die gestellten Aufgaben auf die Art und Intensität der Versuchsvorbereitung schließen lässt (ggf. noch weiterer Punktabzug).

In diesem Zusammenhang sei auch noch an die Kontrollpflicht und die zu leistende Unterschrift für das Messdatenprotokoll erinnert (Vollständigkeit aller relevanten Daten? Nummer des Messplatzes?). Dieses Messdatenprotokoll gehört dann auch in Kopie als Anhang zum Versuchsbericht – ohne diesen Anhang ist eine Annahme durch Betreuende prinzipiell abzulehnen!

Mit Abschluss der Messungen ist stets der Ausgangszustand am Messplatz herstellen zu lassen und auch erst dann das Messdatenprotokoll gegenzuzeichnen. Eine Nichtbefolgung dieser Regel ist ebenso wie die ungenehmigte Verwendung von nicht zum unmittelbaren Arbeitsplatz gehörigen Mitteln etc. durch Punktabzug zu ahnden (Notiz in der Namensliste vornehmen und auf der Nachweiskarte vermerken).

Es steht grundsätzlich allen Versuchsbetreuenden frei, bei Notwendigkeit und mit bestimmter Zielsetzung die in den jeweiligen Versuchsanleitungen enthaltenen Aufgabenstellungen zu verändern (ggf. auch zu kürzen oder zu streichen). Das sollte dann aber immer für die gesamte Gruppe gelten und sehr genau festgelegt werden (ggf. mit einzutragender und kontrollierbarer Notiz zu Beginn des Messdatenprotokolls), damit spätere Missverständnisse auszuschließen sind.

 

3. Hinweise zur Bewertung des Versuchsprotokolls bzw. -berichtes

Die meisten „Streitigkeiten“ mit Studierenden gibt es immer wieder hinsichtlich der Abfassung der Versuchsberichte und der dort zu setzenden Qualitätsmaßstäbe.

Vorab sollen einige chronische Konfliktfelder genannt und ausgeräumt werden:

·        Es ist völlig unerwünscht, dass lange Passagen über die physikalischen Grundlagen des Versuches erscheinen. Meist wird das irgendwo abgeschrieben, wenn auch oft geschickt neu und teilweise in eigenen Worten formuliert – es ist daran sehr deutlich das „schulmäßige Herangehen“ zu erkennen. Ziel ist hier ein Versuchsbericht und nichts anderes!

·        Die Studierenden sollten dazu angehalten werden, anstelle langatmiger Vorworte kurz und knapp das eigentliche Ziel des Versuches zu beschreiben und die dazu abzuarbeitenden Aufgaben im Telegrammstil darzustellen – ein Abschreiben der Versuchsanleitung ist nicht notwendig!

·        Es ist grundsätzlich abzulehnen, dass die in den Versuchsanleitungen am Ende gestellten „Begleitfragen“ in schriftlicher Form im Versuchsbericht beantwortet werden. Diese Fragen haben zwar Bezug zum Versuch, sollen aber nur zum weiteren Nachdenken bei der Vorbereitung oder Auswertung anregen!

·        Es ist nicht zwingend, den Versuchsbericht als Computermanuskript und noch dazu möglichst mit TeX zu erstellen und auszudrucken. Selbstverständlich können Empfehlungen ausgesprochen werden, die aber nur als solche aufgefasst werden dürfen. Ein sauberes handschriftliches Manuskript mit teilweise auf dem PC erzeugten Tabellen und Grafiken erfüllt den beabsichtigten Zweck ebenso. Hauptkriterium bei der Wahl der Mittel sollte für Studienanfänger die Zeiteffizienz bzw. das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen sein. Die Erfahrung zeigt, dass „PC-scheue“ Studierende viel besser durch zunehmende eigene positive Erfahrung zu modernen Arbeitsmethoden erzogen werden; kluge Betreuende ermutigen deshalb zum schrittweisen Herangehen!

·        Es ist methodisch-didaktisch unsinnig, Studierende als Teil des Versuchsberichtes einen eigenen Abschnitt „Verwendete Formeln“ verfassen zu lassen, der ohne direkten Bezug zur tatsächlichen Verwendung steht (wieder das „schulmäßige Herangehen“). Viel klüger ist es, von Beginn an konsequent darauf zu achten, jede benötigte Formel im Kontext ihrer Verwendung (also im fortlaufenden Text!) einzuführen und dabei auch die zugehörigen Symbole zu erklären.

·        Messdatentabellen aus dem Messprotokoll sollten nur dann „in sauberer Form abgeschrieben“ werden, wenn dabei gleichzeitig in ihnen ergänzende Berechnungen erfolgen. Ansonsten ist das reine Zeit- und Platzverschwendung!

·        Die sinnvolle Bestimmung, dass das ursprüngliche Messprotokoll in Kopie immer in Anhang beizufügen ist, hat niemand aufgehoben.

·        In sehr weiten Teilen identische Versuchsprotokolle, die sich dann im Extremfall nur im Titelblatt ganz leicht unterscheiden, sind wegen meist ungeklärter tatsächlicher Urheberschaft und aus ersichtlichem methodischen Grund unerwünscht und damit unzulässig – auch wenn beide Studierende noch so glaubhaft versichern, gemeinsam gearbeitet zu haben (was sie eigentlich auch sollen). Solche Versuchsberichte sind zur Überarbeitung mit Fristsetzung zurückzuweisen - sofern eine Betrugsabsicht nicht eindeutig bewiesen werden kann (ist meist nicht der Fall).

·        Bezüglich der in der schriftlichen Darstellung einzuhaltenden Normative ist es im Prinzip unerheblich, ob hierbei DIN/EN oder Gepflogenheiten internationaler Journale zur Anwendung kommen. Sie sollten nur in sich konsistent und in einem Dokument einheitlich verwendet werden, Empfehlungen dürfen dennoch gegeben werden. Ein typisches Beispiel ist die Verwendung von runden bzw. eckigen Klammern für Einheiten. Erlaubt ist natürlich auch die Beschriftungsweise "/Einheit" auf grafischen Darstellungen, die man häufiger sieht, dabei sollte aber auf genügenden Abstand zum vorhergehenden Symbol geachtet werden, um eine "Fehlinterpretation" auszuschließen.

·        Für Zahlen- und Größenangaben gelten im Praktikum folgende verbindliche Regeln: Die Unsicherheiten in Zwischen- und Endergebnissen sind stets auf eine (maximal zwei!) signifikante Ziffer(n) zu runden - das hat jetzt nichts mit der eigentlichen Berechnung zu tun, die „intern“ immer mit maximaler numerischer Präzision zu machen ist! Alle Ergebnisse sind sach- und normgerecht gemäß den Unsicherheiten zu runden, vollständig mit Einheiten und sinnvoll mit Einheitenvorsätzen anzugeben. Führende Nullen sind möglichst zu vermeiden!

·        Bezüglich Formelsatz, Tabellen und grafischen Darstellungen gibt es klar definierte Regeln, die auf unserer Webseite und in der grundlegenden Skripte enthalten sind – und die gelten für alle! (Bei Bedarf kann darüber mit mir diskutiert werden.)

·        Anstelle des missverständlichen Begriffes „Fehler“ sind die nach DIN, EN, VIM und GUM inzwischen wohldefinierten Begriffe „Messabweichung“ und „Messunsicherheit“ (Achtung: Unterschied zwischen den beiden!) verbindlicher Teil der (metrologischen) Fachsprache, auf deren Gebrauch konsequent zu achten ist. Irgendwann muss das Wort „Messfehler“ doch endlich verschwinden…

·        Sicher ist „Fehlerrechnung und –analyse“ nicht das allein Wichtige, aber doch wesentlich für die Beurteilung experimenteller Ergebnisse. Insofern ist ein Ergebnis ohne das wertlos - ein derartiger Versuchsbericht ebenso und damit immer zur Überarbeitung zurückzuweisen!

 

Aus der alltäglichen Erfahrung des Grundpraktikums (und nicht nur dort, wie bestimmt viele bestätigen können) lässt sich eine Hitliste typischer Todsünden aufstellen, die zu entsprechendem Punktabzug führen müssen:

·        Die Durchführung des Experiments ist nicht nachvollziehbar für jemanden, der daran nicht unmittelbar beteiligt war. Nicht selten verwickeln sich die Protokollierenden auch selbst in Widersprüche bzw. Interpretationsprobleme, weil sie den eigenhändig ausgeführten Versuch schon nach wenigen Tagen nicht mehr gedanklich nachvollziehen können. Manchmal fehlen scheinbar nebensächlich kleine, aber dann sehr wichtige Details im Messdatenprotokoll. Eine oberflächliche Versuchsdatenprotokollierung und mangelnde Beobachtungsgabe rächt sich genau so!

·        Die Versuchsauswertung wird so dargestellt, dass sie beim Lesen gar nicht oder nur mit großer gedanklicher Mühe nachvollziehbar ist. Häufig werden Zwischenschritte übersprungen oder nur sehr oberflächlich beschrieben - die Kontinuität des Prozesses wird dadurch völlig unkenntlich. Die grundsätzliche Forderung nach einer Reproduzierbarkeit, die sich außer auf das eigentliche Experiment auch auf die Auswertungsprozedur (Berechnung von Ergebnisgrößen und zugehörige „Fehlerrechnung“) im gedanklichen Sinne bezieht, wird leider sehr oft missachtet.

·        In Zusammenhang mit der Auswertung ist im Text kein unmittelbarer Bezug zu verwendeten Formeln erkennbar, weil die an ganz anderer Stelle im Versuchsprotokoll und damit zusammenhanglos erscheinen. Das ist nicht nur ungeschickt, sondern beim Mitdenken sehr hinderlich, was unvermeidlich Lesende ermüdet bzw. verärgert.

·        Ausgeführte fehlerhafte Berechnungen zeigen meist ein unkritisches Verhältnis zu Zahlen und Größenordnungen – „das wurde so mit dem PC (oder Taschenrechner) ausgerechnet“. Hier zeigt sich die weit verbreitete Unfähigkeit zum Kopfrechnen bzw. Überschlagsrechnen – das muss dann beim abschließenden Gespräch angesprochen und praktisch geübt werden!

·        Bei der auszuführenden „Fehlerrechnung“ für Ergebnisgrößen werden häufig nicht die Einzelbeiträge von Eingangsgrößen ausgewiesen und betrachtet, so dass dann fast zwangsläufig bei der zugehörigen Diskussion eine Bewertung der unterschiedlichen Einflüsse völlig ausbleibt.

·        Bei der Darstellung von Endergebnissen wird die Angabe der resultierenden Messunsicherheit einfach vergessen - ohne eine solche Angabe ist jedes Ergebnis völlig wertlos!

·        Erzielte Endergebnisse werden zwar mit einer Unsicherheit angegeben; ein Vergleich mit entsprechenden Referenzen aber nicht vollzogen. Auch wenn gelegentlich ein Referenzwert nicht verfügbar ist, muss dennoch mindestens eine qualitative Aussage zur Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung mit einer physikalisch begründeten Erwartung möglich sein.

·        Der Bericht enthält keinerlei Resumé, als wäre das Experiment ohne ein bestimmtes Ziel als „Beschäftigungstherapie“ ausgeführt worden. Ohne wirklich kritische Diskussion des erzielten Ergebnisses und daraus abgeleitete Schlussfolgerungen (auch für den verwendeten Versuchsaufbau und die eingesetzten Messmittel bzw. ‑verfahren) kann die aus einem bestimmten physikalischen Modell folgende Hypothese über einen Versuchsausgang gar nicht bewertet werden. Genau an dieser Stelle steckt aber der eigentliche „wissenschaftliche Tiefgang“, weil dazu analytisches Denken (Kausalitäten, dialek­tische Zusammenhänge) benötigt wird!

·        Grafische Darstellungen sind ungeschickt gewählt und/oder fehlerhaft ausgeführt. Es fehlen oft wichtige Details wie „Fehlerkreuze“, Achsenbeschriftungen, aussagekräftige Abbildungsunterschriften usw. Manchmal sind Grafiken auch mit Gestaltungselementen „überfrachtet“ oder enthalten sehr kleine und damit fast unleserliche Beschriftungen. Da grafische Details sehr augenfällig sind, führt das automatisch zu einer Abwertung des sonstigen Inhaltes!

·        Tabellen enthalten formale Fehler wie mangelnde Einheiten, Symbole und Bezeichnungen. Fast immer wird eine (erläuternde) Tabellenüberschrift geradezu zwanghaft vermieden. Zahlenangaben in Tabellen werden oft völlig unkritisch mit hoher numerischer Genauigkeit gemacht, ohne dass eine Rundung auf die tatsächlich signifikanten Stellen erfolgte. Hier gelten die klugen Worte von C. F. Gauß über den Mangel an mathematischer Bildung, der sich in übertriebener Genauigkeit ausdrückt, ganz besonders!

·        Zitate werden in ungenügender oder gar falscher Weise angegeben, so dass die zugehörigen Quellen für einen Leser u. U. nicht oder sehr mühselig auffindbar sind.

·        Sehr offensichtlich mangelhafte Details der äußeren Form wie fehlende sprachliche Sorgfalt (orthografische und grammatikalische Fehler, ungenaue bzw. jargonartige Ausdrucksweise), wiederholte Tippfehler, uneinheitliche Abfassung (Formatierung, Schriftart usw.) und unsaubere Gestaltung entwerten jeden (ansonsten) guten Inhalt. Form und Inhalt stehen immer im Zusammenhang!

·        Es wird gern vergessen, die ursprünglichen Messdaten (Original oder Kopie) im Anhang beizufügen. Damit ist nicht sicher, ob die Auswertung tatsächlich auf eigenen Messdaten fußt. Zudem lassen sich so auch nicht eventuelle Auswertungsfehler „aufklären“.

·        Sehr viel Verärgerung erzeugen solche Protokolle, die ohne (klare) Gliederung und ohne Inhaltsverzeichnis sowie Seiten-Nummerierung abgegeben werden. Häufig sind das auch noch „Sammlungen loser Blätter“ ohne zuverlässige feste Heftung bzw. Klammerung.

 

Ganz unabhängig davon, ob nun ein Versuchsbericht individuell oder als „Gruppenarbeit“ erstellt wird, sollte es stets durch den/die Versuchspartner/in in der Schlussredaktion kritisch gegengelesen werden. Es ist ganz sicher auch nicht „schädlich“, in einem Meinungsaustausch mit der gesamten Praktikumsgruppe die eigenen mit anderen Ergebnissen zu vergleichen.

 

Da das Schreiben eines qualitativ guten Versuchsberichtes einen doch längeren Lernprozess erfordert, wird es zu Beginn unvermeidlich viel Frust geben. Im Interesse eben dieses Prozesses möchte ich es ganz ausdrücklich den Versuchsbetreuenden überlassen, ggf. den Studierenden eine faire zweite Chance einzuräumen – auf ein „Gewohnheitsrecht“ können sich Studie­rende aber nicht berufen! In Zusammenhang damit empfehle ich, jegliche Wiederholungen zur Kenntnisnahme der anderen Betreuenden auf der persönlichen Nach­weiskarte unter „Bemerkungen“ zu vermerken.

 

Ich bin schon öfter darauf angesprochen worden, ein „Musterprotokoll“ zur Verfügung zu stellen. Da wissenschaftliches Schreiben ein sehr individueller Prozess ist (einschließlich des Sprachgebrauchs), lehne ich das schon aus didaktischen Gründen ab: Eine „Vorlage“ verleitet sehr schnell zur bloßen Nachahmung! Im Übrigen gibt es in den „unendlichen Weiten“ des Internet genügend Versuchsberichte, an denen kluge und kritische Studierende schnell sehen, was daran „gut“ oder „schlecht“ ist…

 

Bei „Streitigkeiten“ mit Studierenden wird von deren Seite manchmal behauptet, dieser oder jener Betreuer habe bestimmte Regeln außer Kraft gesetzt. Das macht deutlich, dass es für uns bei aller Verschiedenheit im Herangehen eben doch auf einen grundsätzlichen Konsens ankommt, den ich hier umrissen habe.

 

Bei der Leistungsbewertung muss Studierenden von Beginn an deutlich gemacht werden, dass wir im Praktikum gute Noten nicht leichtfertig „verschenken“, sondern die beharrlich erarbeitet werden müssen. Natürlich dürfen wir dabei nicht vergessen, dass je nach Art der uns anvertrauten Studierenden unterschiedliche Voraussetzungen und damit Anforderungen anzusetzen sind! Die hier aufgeführten Hinweise können allen Versuchsbetreuern auch eine Argumentationshilfe im Gespräch mit den Studierenden sein, wenn es um die nachvollziehbare Begründung erteilter Bewertungen geht.

 

Weitere Hinweise sind gern willkommen,

U. Müller

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Letzte Aktualisierung:
28.11.2019 16:49